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Archiv-Seiten des Kreisverbandes Wolfenbüttel

 

Bündis90/DIE GRÜNEN
 

Radioaktivität von 126.000 Atommüllfässern bald im niedersächsischen Grundwasser?

kv - 2006-10-16

Bundestagfraktion der Grünen startet Kleine Anfrage in die Bundesregierung

Grüne: Beängstigende Zustände im Forschungsendlager Asse II

Berlin. Besorgt über den Zustand des Forschungsendlagers Asse II bei Wolfenbüttel (Niedersachsen) zeigen sich die Bündnisgrünen in einer Kleinen Anfrage (16/2608) . Zwischen 1967 und 1978 seien in das ehemalige Kali- und Salzbergwerk Asse II mehr als 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll eingelagert worden. Dennoch habe der Standort "nie den Status eines Forschungsendlagers verloren" und befindet sich deshalb in der Zuständigkeit des Forschungsministeriums und nicht in der des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.

Die Zustände in Asse II seien "beängstigend": nach Angaben des Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit dringe seit 1988 Steinsalzlauge in das Lager ein. Die Flüssigkeit greife auch Metall an und könne dazu führen, "dass sich die Atommüll-Fässer auflösen". In der Folge könne Radioaktivität in das Grundwasser gelangen und die Bevölkerung zwischen Hildesheim und Lüneburg gefährden.

Die Grünen stellen die Frage, ob das Ministerium für Forschung und Bildung die weitere Flutung des Tiefenausschlusses unter den Atommüllkammern mit Magnesium-Chlorid verantwortet kann oder ob diese gestoppt werden muss, weil sie nicht mehr rückgängig zu machen wäre, wenn man nach einem von Bürgerinitiativen und Kommunen gefordertem Optionsvergleich zum anderen Vorgehen (Verfüllung mit Trockenmaterial, Rückholung der Abfälle, Neukonditionierung) kommen würde.

Die Grünen wollen daher Auskünfte zum Zustand des Forschungsendlagers Asse II - unter anderem dazu, welches Gefahrenpotenzial der Standort für Mensch und Umwelt hat. Sie wollen auch wissen, welche Kosten das Lager bislang verursacht hat und welche Forschungsarbeiten dort durchgeführt wurden und werden. Die Bundesregierung soll auch mitteilen, welche Konsequenzen sie aus dem Zustand in Asse II auch für andere geplante Endlagerstandorte und das Endlager-Konzept überhaupt zieht.

 

Mitteilung der Bundestagsverwaltung mit Link zur Anfrage
http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2006/2006_294/05.html

 

Deutscher Bundestag
16. Wahlperiode

Drucksache 16/2608
15. 09. 2006

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Peter Hettlich, Winfried Hermann, Bärbel Höhn, Ulrike Höfken, Dr. Reinhard Loske, Rainder Steenblock und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zustand und Planung am Forschungsendlager Asse II

Im Zeitraum von 1967 bis 1978 wurden über 126 000 mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll gefüllte Fässer in das ehemalige Kali- und Salzbergwerk Asse II bei Wolfenbüttel eingelagert. Trotz dieser enormen Einlagerung hat dieser Endlagerstandort nie den Status eines Forschungsendlagers verloren. Zuständig ist daher das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dem das Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (GSF) zugeordnet ist und nicht das eigentlich für Endlagerfragen zuständige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) mit der ihm unterstehenden Fachbehörde, dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS).

Die Zustände im Endlagerstandort Asse II sind beängstigend. Nach Angaben der GSF dringt seit 1988 Steinsalzlauge in das Lager ein. Seit der späten Veröffentlichung dieser Verhältnisse im Jahr 2001 propagiert die GSF, die Asse mit Magnesiumchlorid-Lösung zu fluten. Diese Flüssigkeit greift auch Metall an und kann dazu führen, dass sich die Atommüll-Fässer auflösen. In der Folge könnte Radioaktivität in das Grundwasser gelangen und die Bevölkerung zwischen Hildesheim und Lüneburg gefährden.

Eine transparente Untersuchung von Alternativoptionen, die verschiedene Vorgehensweisen unter dem Gesichtspunkt des optimalen Schutzes der Umwelt und der Bevölkerung bewertet, steht seit 17 Jahren aus. Zwar arbeitet die GSF seit 1999 an einem Langzeitsicherheitsnachweis für ihren Lösungsansatz. Vor Abschluss dieser Untersuchungen hat sie jedoch bereits unterhalb der Atommüllkammern mit Magnesiumchlorid-Flutungen des Tiefenaufschlusses begonnen. Damit hat sie unumkehrbare Tatsachen geschaffen. Durch die Teilflutung und die Errichtung von Barrieren wird eine Rückholung des Atommülls erschwert. Da im Laufe der Zeit die Magnesiumchlorid-Lösung aus dem Tiefenaufschluss nach oben in die Atommüllkammern gedrückt wird, könnte auch eine mögliche Verfüllung mit anderem Material konterkariert werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

  1. I. Zustand
  2. Nach welchem Auswahlverfahren wurde Asse II als Endlagerstandort ausgesucht?
    Welche Kriterien sprachen für die Auswahl von Asse II?
  3. Gab es Untersuchungen zu Alternativstandorten?
    Wenn ja, welche Standorte standen zur Auswahl?
  4. Entspricht die Lagerung in Asse II dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik?
    Ist ein dauerhafter Abschluss des Atommülls durch eine ausreichende geologische Barriere dauerhaft gewährleistet?
  5. Seit wann liegen der GSF Erkenntnisse über den Eintritt von Flüssigkeit in das ehemalige Salzbergwerk vor?
    Ab welchem Zeitpunkt war das zuständige Fachministerium von den Missständen sowie über Pläne und Beginn der Flutung des Tiefenaufschlusses informiert?
  6. Ist eine trockene Endlagerung von Atommüll zu bevorzugen?
  7. Welches Konzept der Endlagerung vertrat die GFS während Bau und Betrieb des Endlagers?
  8. Welches Gefahrenpotential für Mensch und Umwelt hat der Endlagerstandort, wenn man nichts unternimmt?
  9. In welchem Zeitraum könnte Radioaktivität ins Grundwasser gelangen?
  10. Wie viele Menschen wären von einer möglichen radioaktiven Verseuchung des Grundwassers betroffen?
  11. Welche Wasserwegsamkeiten mit welchen Ausdehnungen gibt es um Asse II?
    In welchem Umfang könnte die Radioaktivität das Grundwasser verseuchen?
  12. Gibt es ein erhöhtes Krebsrisiko in der Region?
    Kann eine Erhöhung der Krebsrate in der Region durch Radioaktivität im Grundwasser in der Zukunft ausgeschlossen werden?
  13. II. Endlagerkosten und Herkunft des Atommülls
  14. Welche Kosten hat das Forschungsendlager Asse II bislang verursacht?
    Wie viel von diesen Kosten hat die öffentliche Hand getragen?
    Wofür werden die Haushaltsmittel, die für Asse II angesetzt sind (2007: 29,9 Mio. Euro, 2008: 35,8 Mio. Euro, 2009: 33,3 Mio. Euro, 2010: 31,1 Mio. Euro), verwendet?
  15. War die Atomindustrie (z. B. Kraftwerksbetreiber) in irgendeiner Form an Planung, Bau oder Betrieb des Endlagers Asse II beteiligt?
    Wenn ja, in welcher Form?
  16. Welche Mengen von Atommüll lagern im Endlagerstandort Asse?
    Welche Herkunft hat der Atommüll (bei verschiedenen Quellen bitte auch die Mengenverhältnisse)?
  17. Wann wurde welcher Atommüll eingelagert (nach Jahren und Herkunft)?
  18. Wer trägt die Kosten für Bau, Planung und Betrieb des Endlagers?
    Gilt hier das Verursacherprinzip?
  19. Wird die Atomindustrie an den Kosten der Endlagerung und den Folgenkosten zur Behebung des Störfalls "Wasserzutritt ins Endlager" beteiligt?
    Können die Rückstellungen der Kraftwerksbetreiber hier ihrem bestimmungsgemäßen Zweck zugeführt werden?
  20. In welcher Höhe kann eine Beteiligung der Atomindustrie an den (Betriebs-) kosten der Asse den Bundeshaushalt entlasten?
  21. III. Forschung
  22. Welche Forschungsarbeiten wurden am Standort Asse II durchgeführt?
    Gibt es noch immer Forschungsarbeiten?
  23. Sind weitere Forschungsarbeiten geplant?
    Wenn ja, welche?
  24. Welche grundsätzlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse hat die GFS bislang aus dem Forschungsbetrieb mit der Endlagerung von schwach und mittelradioaktivem Atommülls gezogen?
  25. War es nötig, für Forschungszwecke über 120 000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll einzulagern?
  26. Gibt es ein flächendeckendes Monitoring der Situation Untertage?
    Wenn ja, umfassen diese Untersuchungen auch mögliche Kontaminationen des Grundwassers?
    Wie wird der Zustand der eingelagerten Fässer überwacht?
  27. Ist langfristig auch nach einer möglichen Schließung des Bergwerkes gewährleistet, dass alle relevanten Parameter im Bereich der Schachtanlage sowie in der Umgebung gemessen werden, um chemische und physikalische Veränderungsprozesse rechtzeitig erfassen zu können?
  28. Welche Ursache hat der Flüssigkeitseintritt in das Endlager?
    Waren diese Ereignisse durch die Forschungsarbeiten der GSF vorhersehbar?
  29. IV. Flutung
  30. Mit welchen Kosten rechnet die GSF bei der Flutung mit der Magnesiumchlorid-Lösung?
    Wie viel Magnesium-Clorid wurde bereits wo verfüllt?
    Welche Firmen produzieren es, und wer transportiert es wie oft und von wo?
  31. Findet eine Verfüllung aktuell statt?
    Wenn ja, in welcher Größenordnung?
    Welche Firmen liefern Magnesium-Clorid wie oft?
  32. Welche mittel- und langfristigen Gefahren bestehen bei diesen Flutungen?
  33. Gibt es bereits Erfahrungen mit den Folgen von Flutungen von Atommülllagern mit Magnesium-Chlorid, oder handelt es sich hier vielmehr um ein Verfahren, das erst angewendet wird, wenn Giftstoffe wie Atommüll aus dem Salzstock entfernt wurden?
  34. Kann das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Flutung des Tiefenaufschlusses rechtfertigen oder ist es der Meinung, dass die Flutung gestoppt werden muss und hat dies auch veranlasst?
  35. V. Alternativlösung
  36. Wurde jemals der von Bürgerinitiativen und den Kommunen seit langem geforderten Optionsvergleich (Rückholung des Atommülls, Offenhaltung des Endlagers, Neukonditionierung des Atommülls, Sicherung des Bergwerkes z. B. durch die Verfüllung mit einem anderem Material) erstellt?
  37. Ist eine Rückholung der gelagerten Fässer praktikabel?
    Wenn ja, zu welchen Kosten?
  38. Wäre eine Umkonditionierung erforderlich?
    Wenn ja, zu welchen Kosten?
  39. Wurde eine Rückholung jemals ernsthaft erwogen?
    Wenn ja, gibt es dazu noch einen Maßnahmenkatalog und eine Kostenaufstellung?
  40. Wurde jemals umfassend untersucht, wie und wo die in Asse II eingelagerten Abfälle zu entsorgen wären?
    Wenn ja, von wann sind diese Untersuchungen, und sind die Ergebnisse für die Öffentlichkeit und insbesondere für die betroffenen Kommunen und die Bürgerinitiativen zugänglich?
  41. VI. Effizienz der Behördenzuständigkeit
  42. Welche Behörde ist für die Sicherheitsprüfung von Asse II verantwortlich, und in welchem Umfang und Zyklus werden die Prüfungen vorgenommen?
  43. Gibt es einen intensiven fachlichen Austausch zwischen der GSF und dem BfS?
    Wenn ja in welcher Form?
  44. Warum ist das BfS mit den Erkundungsarbeiten zu Gorleben befasst und das GSF mit Asse II?
  45. Hält die Bundesregierung die fachliche Aufteilung der Endlagerfrage auf zwei unterschiedliche Ressorts für effizient und zeitgemäß?
  46. Wäre es denkbar, die Zuständigkeit für Asse II an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und damit an das BfS zu übertragen?
    Würde dies zu zusätzlichen jährlichen Kosten führen?
    Wenn ja, in welcher Höhe?
  47. VII. Bürgerbeteiligung
  48. Nach welchem Recht sind Planung, Bau, Betrieb und Aufsicht über das Endlager durchgeführt worden?
    Welche Form der Bürgerbeteiligung wird dadurch gewährleistet?
  49. Welche Gründe sprechen dagegen, im weiteren Verfahren die Asse II nach Atomrecht zu behandeln?
  50. Welche Bürgerbeteiligungsverfahren bezüglich Asse II haben bislang stattgefunden?
    Waren das BfS, der Kreistag Wolfenbüttel, die betroffenen Samtgemeinderäte Asse und Schöppenstedt sowie die Bürgerinitiativen "Aktion Atommüllfreie Asse" und dem Verein "Aufpassen" oder weitere interessierte betroffenen Bürgerinnen und Bürgern eingebunden?
  51. Gibt es Planungen für öffentliche Beteiligungsverfahren?
  52. Gibt es wie von den betroffenen kommunalen Parlamenten gefordert Vorbereitungen für einen schriftlichen Vertrag über die Öffentlichkeitsbeteiligung beim weiteren Vorgehen bei der Asse II?
  53. Ist, wie von den betroffen Kommunen und der Bürgerinitiativen gefordert, geplant, auf der Schachtanlage eine zugängliche Informationsstelle einzurichten, die über den historischen Verlauf und die Situation Untertage informiert?
  54. Waren Vertreter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beim "2. Fachgespräch zur Situation im Atommüll-Endlager Asse II" am 23. Mai 2005 in Wolfenbüttel, veranstaltet von der Bürgerinitiative "Aktion Atommüllfreie Asse", anwesend?
    Wenn nein, warum nicht?
  55. Stehen bei Planung Bau und Betrieb des Endlagers die Sicherheit oder die Kosten im Vordergrund?
  56. VIII. Konsequenzen für die Endlagerkonzeption und andere Endlagerstandorte
  57. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Zustand in Asse II für die Endlagerkonzeption anderer Endlagerstandorte?
  58. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Zustand in Asse II für die Endlagerung von Atommüll in Salzformationen?
  59. Wieso hat die GSF ihre Auffassung, ein Endlager müsse "dicht sein", wie sie es selbst zu Beginn der Arbeiten an Asse II postuliert hat ("Für alle Fälle Sicher" Faltblatt der GSF unter http://www.gsf.de/Aktuelles/Zeitschriften/ Broschueren/asse/asse18.pdf) geändert?
  60. Hält die Bundesregierung nach den Erfahrungen im Endlagerstandort Asse II, den Salzstock Gorleben als Endlager für Atommüll weiterhin für geeignet?
    Wie kann permanenten Laugenzuflüssen zuvorgekommen werden?
    Kann eine fehlende Schutzfunktion des Deckgebirges vollständig ausgeschlossen werden?
  61. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem Störfall Asse II bezüglich der Belastbarkeit von Langzeitprognosen, die über 1 000 000 Jahre reichen müssen, bei der Asse aber schon nach wenigen Jahrzehnten ihre Gültigkeit verloren haben?
  62. Hält die Bundesregierung angesichts der Erfahrung mit der Störfall Asse II am Endlager "Schacht Konrad" fest?
  63. Hält die Bundesregierung am Endlagerkonzept der Nichtrückholbarkeit von Atommüll weiter fest oder gedenkt sie, als Konsequenz aus dem Störfall Asse II, die Endlagerkonzeption in Richtung Rückholbarkeit zu ändern?
  64.  

    Berlin, den 15. September 2006

    Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

     

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